Stephan Lessenich: Mein geliebtes Volk, 2018-05-15T11:27:38+00:00

Stephan Lessenich

Mein geliebtes Volk,

es ist mir zugetragen worden, dass in Dir die Sorge gärt, morgen nicht mehr so kraftvoll zubeißen zu können, wie Du dies nun über so lange Zeit hinweg gewohnt gewesen bist. Wie ich höre, befürchtest Du, Deinen Platz an der Sonne zu verlieren. Du argwöhnst, dass Dahergelaufene gekommen sind, um zu bleiben. Es heißt, Du fühlst Dich fremd nicht länger nur in der Fremde. Und es ward mir zugetragen, dass Dich die Vorstellung quält, nicht mehr Herr im eigenen Haus zu sein.

Nun, mein Volk: Ich fühle mit Dir. Du hast dieses Land im Schweiße Deines Angesichts aufgebaut. Du hast Dir Dein eigenes kleines Reich geschaffen, mit großem Fleiß und langem Atem, mit dichtem Denken und anständigem Zupacken – und na klar, unter uns, auch mit etwas Glück. Du kannst Dir heute etwas gönnen, weil Du Dich gestern angestrengt hast, kannst Dir etwas leisten, weil Du zuvor etwas geleistet hast. Du hast Dir nichts zuschulden kommen lassen, hast Dich immer nach bestem Wissen und Gewissen verhalten. Also so gut wie immer.

Und jetzt soll das alles nichts wert gewesen sein? Jetzt sollen plötzlich Hinç und Qunz und wie sie alle sonst noch heißen mit ins Boot?

Lass Dir gesagt sein: Du fragst zu Recht. Und Deine Zweifel, Deine Vorbehalte, Dein Unwillen und, ja, auch Dein Groll und Zorn sind wohl begründet.

Lass Dich nicht beirren: Du musst Dich nicht rechtfertigen. Und sei versichert, dass ich ganz bei Dir bin. Sorge Dich nicht: Es wird alles so bleiben, wie es ist. Wo es aber nicht so bleiben kann, wie es ist, soll es wieder ganz so werden, wie es war. Das Klima gut und die Aussichten rosig, die Nasen hoch und die Grenzen dicht, die Fahrt frei und das Flugbenzin billig.

Ich verstehe Dich. Wir verstehen uns. Wir können nicht die ganze Welt aufnehmen. Sie war ja immerhin schon mal zu Gast bei uns, damals im Sommer. Nun muss es aber auch mal wieder gut sein. Immerhin gehst Du sie ja ständig selbst besuchen – nah und fern, allein und in Rudeln, zu Land, zu Wasser und in der Luft. Da muss die Welt ihrerseits gar nicht mehr herkommen. So behalten deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang in der Welt denn auch ihren schönen Klang.

Mein geschätztes Volk,
ich wünsch Dir Liebe ohne Leiden. Und dass Dir Deine Träume bleiben.
In diesem Sinne immer zu Diensten,

Dein Bundesministerium für Heimat und Glauben