Gregor Gysi: Make Love, not AfD 2018-05-14T15:11:27+00:00

Gregor Gysi

Make Love, not AfD

Es ist Zeit, höchste Zeit für eine neue Bewegung der Mitmenschlichkeit und Liebe. Gerade weil der extreme nationale Egoismus von Orbán, Trump, Le Pen und AfD sich auch aus dem Versuch eines Rollbacks der 68er speist und zugleich die Werte unseres Zusammenlebens ähnlich bedroht wie das US-amerikanische Weltpolizistengehabe mit seiner barbarischen Zuspitzung im Vietnamkrieg, braucht es eine rebellische Jugend, die sich nicht zurückbeamen lässt in die heimattreue ausgrenzende Glückseligkeit eines Biedermeierstübchens.

Man muss sich dafür heutzutage gar nicht gemeinsam im Schlamm von Woodstock wälzen, irgendwer wird doch sicher eine App programmieren können, mit der man „Make Love, not AfD“ übers Smartphone oder Tablet praktizieren kann, so eine Art Tinder mit gesellschaftsveränderndem Anspruch. Ich finde zwar nach wie vor die reale Welt wichtiger als die virtuelle, aber man muss ja mit der Zeit gehen. Und in den sozialen Medien wäre wohl schon einiges erreicht, wenn man all den pöbelnden Trollen, die teils organisiert vorgehen, all den Verbreitern von Lügen, Halbwahrheiten, neudeutsch Fake News, all denen, die nichts als ihre Vor-urteile pflegen, ein wenig den Raum nähme mit Nachrichten der Liebe, der Mitmenschlichkeit, von gelungener Integration, praktischer Hilfe und der Verheißung, miteinander die Welt zum Guten verändern zu können.

Vermutlich würde eine solche Bewegung nicht unmittelbar die aktuelle Politik verändern können, aber den Zeitgeist, das Gesellschaftsgefühl schon. Warum sollten die 18er nicht das können, was die 68er geschafft haben? In diesem Jahr jährt sich zum 100. Mal das Ende des Ersten Weltkriegs, mit Bildern und Erinnerungen könnte man der Renationalisierung mit all
ihren furchtbaren gewalttätigen, kriegerischen Auswüchsen auf ganz eigene Weise begegnen. Die neue Generation, die überwiegend eine europäische, eine weltoffene, eine selbst-bewusste ist, hat etwas zu verlieren. Sie wird zeigen müssen, dass und wie man dem entfesselten finanzmarktgetriebenen neoliberalen Kapitalismus Grenzen setzt, ohne die am meisten von der sozialen Spaltung der Welt Betroffenen in die Schranken ihrer Armut zu weisen.

Che Guevara sagte einst: „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.“ Eben. Make Love, not AfD.